Dienstag, 30. Juli 2013

Ausweichen


Er ging mit seinem schweren Koffer und seiner zum Bersten gefüllten Tasche mitten auf der Straße. Außer seiner komischen alten Figur war keine Menschenseele zu sehen, was wahrscheinlich daran lag, dass sich jeder normale Mensch um 7 Uhr morgens an einem Sonntagmorgen im Bett befand. Aber Jim war nicht normal und darauf bildete er sich ziemlich was ein.
Er war auf dem Weg zur Bäckerei um seiner Alten, die er nicht ausstehen konnte, eine Zimtschnecke zu kaufen, sozusagen als letzten Tribut, da er vorhatte seinem alten Leben die kalte Schulter zu zeigen und ein neues zu beginnen, um schlussendlich sagen zu können, dass er ein schönes Leben gehabt hatte, wenn der Gevatter mit seinem Sensemann auf der Türschwelle stand. Das hätte man in so einer Geschichte erwartet, aber in Wahrheit wollte er bloß von seiner Alten weg und Brötchen holen, da er hungrig war.
Und so ging er zur Bäckerei. Erst am Park vorbei und dann in eine kleine Seitenstraße. Er sah grauenvoll aus und das wusste er. Er hatte gestern wieder mal- wie so oft in der letzten Zeit- nicht schlafen können.
Seine wirren grauen Haare standen in allen Richtungen von seinem Kopf ab. Unter seinen trüben blauen Augen zeichneten sich dunkle Schatten ab, die auch seine große, altmodische Hornbrille nicht verbergen konnten. Er war so müde, dass er eben fast über seiner obligatorischen Zeitung und seiner üblichen Zigarette eingeschlafen war. Doch was zu tun war, musste getan werden.
Und wie er so über die Straße ging, fielen ihm auf einmal die Enten auf. Sie überquerten keine fünf Meter vor ihm die Straße. Es waren sechs Enten. Fünf alte und eine jüngere. Und dieser Anblick, wie sie alle in Reih und Glied hintereinander über die Straße gingen, berührte ihn merkwürdigerweise.
Diese Ordnung. Keine Ente drängelte sich vor die anderen. Es ging darum, sicher über die Straße zu kommen und nicht als erstes. Sie beschützten sich gegenseitig.
Melancholisch dachte er an sein eigenes Leben und er wünschte sich eine Ente zu sein. Zugegeben, es war sicher ein tristes Leben als so eine Ente, aber doch aussichtsreich. Doch mit viel Geborgenheit.
Und er fragte sich, was mit den Enten wohl im Winter passieren würde. Sie konnten doch nicht im eingefrorenen See leben? Oder war es unter dem Eis warm? Vielleicht hielten sie auch Winterschlaf wie andere Tiere. Er wusste es nicht.
 Das Einzige, dessen er sich sicher war, war, dass er nicht von hier weg wollte. Er wollte nicht zu anderen verlogenen Menschen in einer verlogenen Welt. Er hatte keine große Lust darauf, andere Menschen kennenzulernen. Er kam gut mit sich allein zu recht. Er hatte seine Alte und das genügte ihm. Wenn schon sterben, dann konnte er das auch in seiner Heimat.
Also kehrte er mit dem vollen Reisegepäck nach Hause zurück, nicht ohne vorher noch Brötchen geholt zu haben, versteht sich.

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Eigentlich doch eine recht nette Geschichte, oder nicht? Das problematische ist nur: Ich bin der alte Mann. Ich bin nicht mit nach Spanien gefahren, obwohl die Reise schon komplett bezahlt war...Ich bin echt bescheuert ich weiß...sowas zu tun...und das schlimmste war, meine Eltern waren noch nicht mal sauer auf mich, sondern nur mega enttäuscht. Und als ich ihnen angeboten habe, dass ich ihnen da Geld zurückzahle, meinten sie nur: "Das Geld ist doch egal."
Und die Freundinnen, mit denen ich fahren sollte, hab ICH erstmal angemacht, dass sie mich nicht dabei haben wollen und solchen Kram halt...oh man, und dann sind wir irgendwann in eine allgemeinere philosophische Diskussion über Freundschaft hineingeschlittert und weil ich ihnen nur so kryptische Antworten gegeben habe (die ich aber alle so meinte, falls ihr das hier lest, M. und L.), haben SIE sich dann Sorgen um MICH gemacht...Ihr seht, alles lief verkehrt herum.
Und ich könnt mich echt selbst schlagen und hasse mich seit dem Vorfall noch mehr (wenn das überhaupt möglich ist). Ach, ja ich hab mich danach auch wieder geritzt...hoffe, es fällt jz keinem auf, wegen Sommer und kurzen Klamotten und so...Hab deshalb jz auch die ganze Zeit mein Fuck-u-all-Outfit an (bestehend aus viel zu weiter Jeans, Chucks, labberigem Shirt, und altmodischer Gammelstrickjacke, kein schöner Anblick kann ich euch sagen)...

Das komische ist, je mehr ich versuche mich von Anderen abzugrenzen, desto näher kommen sie mir. Ich weise alle von mir zurück und dann sagen sie dir, dass sie dich lieben und son Kram halt...das hat mich aber echt gerührt, kann ich euch sagen...

Achso nicht wundern, dass war alles am Montag, also gestern....
Heute hab ich nur rumgegammelt, gelesen, bin mit unserm Hund spazieren gegangen und zum Glück schwimmen gewesen, denn ich hab heut echt zu viel gegessen...
Ab morgen bin ich dann noch bis Freitag bei meinem Vater (meine Eltern sind geschieden, falls ichs noch nicht erwähnt hatte). Dann muss ich wieder einen auf Happy Family machen...und was mit ihm und meiner Schwester unternehmen...also raus aus meiner selbst errichteten Isolierzelle und rein ins Leben, juhu



http://www.youtube.com/watch?v=MR4xEPH8lm0

1 Kommentar:

  1. tja, tiere sind viel intelligenter als man zu glauben vermutet..
    dass du nicht nach spanien reisen willst, kann ich nur zu gut verstehen. dass du aber nicht in den urlaub mit freunden gereist bis, das nicht.
    Chucks sind doch cool, zumindest solang man sie ne selbst tragen muss^^

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